Francis Bacon, Three Studies of Figures on Beds, 1972

Bacon – Giacometti in der Fondation Beyeler

Fondation Beyeler
29.04.2018 – 02.09.2018

Sylvie Felber ist Assistenz-Kuratorin der Fondation Beyeler. Sie hat die von Ulf Küster ko-kuratierte Ausstellung
Sylvie Felber ist Assistenz-Kuratorin der Fondation Beyeler. Sie hat die von Ulf Küster ko-kuratierte Ausstellung

Von Sylvie Felber
Wann sich Francis Bacon (1909–1992) und Alberto Giacometti (1901–1966) das erste Mal begegneten, kann nicht in aller Eindeutigkeit bestimmt werden. Sicher ist jedoch, dass sie sich schon Jahre vor einem ersten Treffen gegenseitig ein Begriff waren und sich jeweils als Künstler sehr bewunderten. In den 1960er-Jahren trafen sie sich mehrfach, als Giacometti anlässlich der Vorbereitung seiner Retrospektive in der Tate Gallery 1965 zu verschiedenen Zeitpunkten in London weilte. Gemeinsame Bekannte aus der Londoner und Pariser Kunstszene fungierten dabei als Bindeglieder zwischen dem Briten und dem Schweizer. Darunter waren etwa der französische Schriftsteller und Ethnologe Michel Leiris oder der britische Kunstkritiker und Kurator David Sylvester. Die englische Künstlerin Isabel Rawsthorne nahm dabei eine besondere Stellung ein: Sie war mit beiden Künstlern eng befreundet und diente ihnen auch als Modell. 

Alberto Giacometti, Grande tête mince, 1954
Alberto Giacometti, Grande tête mince, 1954

In ihrer Sommerausstellung widmet sich die Fondation Beyeler in Kooperation mit der Fondation Giacometti, Paris, nun der parallelen Betrachtung und Gegenüberstellung dieser zwei Kunstgiganten des 20. Jahrhunderts. Sie ist das erste, spektakuläre Aufeinandertreffen der beiden Künstler in einer Museumsausstellung und enthält Werke, die nur wenig oder noch gar nie öffentlich gezeigt wurden, darunter Originalgipse Giacomettis.

Zwar fand die aufkeimende Freundschaft zwischen Bacon und Giacometti durch den Tod des Letzteren 1966 ein jähes Ende, dennoch weist beider Schaffen interessante Parallelen auf: Beide Künstler wandten sich zu einer Zeit, in der die Abstraktion, und mit ihr die Rückkehr zu einer rein gestischen Malerei, das Mass aller Dinge war, bewusst von ihr ab. Stattdessen arbeiteten sie kontinuierlich an der Darstellung der Figur. Dabei ging es beiden darum, Realität darzustellen. Dies allerdings nicht im Sinne einer naturalistischen Nachahmung, sondern indem sowohl die äussere Erscheinung wie auch das Innenleben aufgezeigt wurde. In diesem Rahmen stellten sich beide der Herausforderung der menschlichen Existenz in all ihren Widersprüchlichkeiten und Grausamkeiten, die im Verlaufe des Zweiten Weltkriegs zum Vorschein gekommen waren. 

Francis Bacon, Study for Portrait VII, 1953
Francis Bacon, Study for Portrait VII, 1953

Zu dieser geteilten Grundeinstellung gesellen sich auch formale Ähnlichkeiten im Werk beider hinzu: So widmeten sich Bacon wie Giacometti etwa ausgiebig der Darstellung des menschlichen Kopfes und schufen zahlreiche Porträts – wobei Giacometti mit Modellen arbeitete, während Bacon bevorzugt nach Fotografien und aus seiner Erinnerung arbeitete. Für den Aufbau oder die Komposition ihrer Werke bedienten sich ausserdem beide einer käfigartigen Struktur, um den Fokus auf die Figuren zu intensivieren. Bei Giacomettis Skulpturen handelt es sich dabei um physische Konstruktionen, während Bacon die Käfigstruktur malerisch konstruierte. 

Neben aussagekräftigen Gemeinsamkeiten zeigen sich damit in der Konfrontation zwischen beiden Künstlern auch Unterschiede: Giacometti malte zwar ebenfalls, war aber hauptsächlich als Bildhauer tätig und ist in der Ausstellung entsprechend vor allem mit skulpturalen Arbeiten vertreten. Dem gegenüber steht Bacon, der sich ausschliesslich der Malerei widmete, seine Figuren auf der Leinwand aber regelrecht zu modellieren verstand. In der Gegenüberstellung der beiden Künstler heben sich ihre Werke gegenseitig hervor: Giacomettis Œuvre, das von dunklen Farbtönen geprägt ist, betont gleichsam die Farbigkeit von Bacons Malerei. Im Gegenzug unterstreichen Bacons rundliche, vergleichsweise voluminöse Figuren die Eleganz von Giacomettis aufrechten, gertenschlanken Skulpturen.

Alberto Giacometti, L’homme qui marche II, 1960
Alberto Giacometti, L’homme qui marche II, 1960

Den Ausstellungsauftakt bildet ein Informationsraum, in dem neben biografischen Angaben dokumentarisches Material, darunter viele Fotografien beider Künstler, präsentiert wird. Die Ateliers der beiden Künstler sind ein abschliessender Höhepunkt im letzten Raum der Ausstellung: In zwei Multimediaprojektionen in Echtgrösse wurden die beiden Studios rekonstruiert, und zeigen eindrücklich, wie Bacon und Giacometti auf winzigstem Raum, umgeben von kreativem Chaos, ihre Meisterwerke schufen.

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