Dan Flavin. Widmungen aus Licht

Kunstmuseum Basel | Neubau
02.03.2024 – 18.08.2024

Die umfangreiche Sonderausstellung Dan Flavin. Widmungen aus Licht im Kunstmuseum Basel | Neubau zeigt einen Pionier der Minimal Art: Der US-amerikanische Künstler Dan Flavin (1933–1996) wurde Anfang der 1960er-Jahre für seine Arbeit mit industriell hergestellten Leuchtstoffröhren bekannt. Anhand von 58 Werken, von denen einige noch nie in der Schweiz zu sehen waren, wird sein einzigartiges Œuvre beleuchtet. Ein Fokus liegt dabei auf Werken, die Flavin Personen oder Ereignissen widmete. Es ist die erste grosse Schau des Künstlers in der Schweiz seit zwölf Jahren.

Dan Flavin, der in Queens, New York, in einem irisch-katholischen Haushalt aufwuchs, schuf eine neue Kunstform und schrieb damit Geschichte. Der Autodidakt löste mit seinen Werken aus Licht die Farbe aus dem Kontext der Malerei und übertrug sie in den dreidimensionalen Raum. Seine Entscheidung, kommerzielle Leuchtkörper zu verwenden und so aus einem alltäglichen Nutzgegenstand Kunst zu machen, ist heute noch radikal und sorgte auch unter seinen Zeitgenoss:innen für Aufsehen. Nach Flavins ersten Ausstellungen der Lichtarbeiten in New York zeigten sich Künstler:innen und Kunstkritiker:innen begeistert von seinem Purismus, der Faszination seiner «gasförmigen Bilder» (ein Begriff, den der Künstler auch selbst gerne verwendete) und der Unmittelbarkeit ihrer glühenden Präsenz.

Seine Werke aus Leuchtstoffröhren erinnern an Fabrikhallen, Schnellrestaurants oder Parkplätze. Vorsätzlich nutzte der Künstler diesen Effekt und die reduzierte Farbpalette, die durch die Herstellungsweise der fluoreszierenden Leuchtkörper vorgegeben wurde: Blau, Grün, Rot, Pink, Gelb, Ultraviolett und vier unterschiedliche Weisstöne. Aus einzelnen Leuchten und einfachen geometrischen Anordnungen wurden mit der Zeit komplexe architektonische Arbeiten und vielteilige elaborierte Serien. Flavin verneinte vehement, dass seine Werke Skulpturen oder Gemälde seien und charakterisierte diese lieber als «Situationen». In seinen Schriften und anderen Äusserungen betonte er zudem die Sachlichkeit seines Werks. Flavins kompromisslose Beschränkung auf die Arbeit mit einem industriell hergestellten Objekt und die Serialität seiner Werke rechtfertigen eine Einordnung seines Schaffens in die Minimal Art. Als Hauptprotagonisten dieser Kunstrichtung gelten neben Flavin Carl Andre, Donald Judd, Sol LeWitt und Robert Morris – wobei jeder dieser Künstler sich mehr oder weniger deutlich gegen diese Einordnung zu wehren pflegte. 

Flavin propagierte eine Kunst, die keine tiefe psychische und spirituelle Wirkung entfaltet, sondern im Vorbeigehen wahrgenommen werden sollte. Trotzdem haben Kunstkritiker:innen darauf hingewiesen, dass man in seinem Werk durchaus metaphysische Qualitäten entdecken kann. Dem setzte er sein ironisch vorgetragenes Diktum «It is what it is and it ain’t nothin’ else» entgegen. 

Auffällig ist jedoch, dass Flavin sein Leben lang die Praxis der Widmung pflegte und seine Werke oft in sentimentaler, pathetischer Art und Weise mit Menschen oder Begebenheiten verknüpfte. Die ab 1963 entstehenden Installationen in fluoreszierendem Licht sind vielfach Künstlerfreunden wie Jasper Johns, Sol LeWitt oder Donald Judd gewidmet. Aber auch Künstler der Moderne wie Henri Matisse, Vladimir Tatlin oder Otto Freundlich tauchen in Flavins Werktiteln auf. Die Dedikationen schaffen einen Gegenpol zur Anonymität des Materials. Durch die derart erweiterten Titel verankerte Flavin die nicht­erzählerischen, unpersönlichen Arbeiten in einem spezifischen ästhetischen, politischen und sozialen Kontext. So gibt es auch
Arbeiten, die an Kriegsgräuel erinnern und im Kontext von Flavins klarer Positionierung gegen den Krieg in Vietnam zu lesen sind. 

Nicht minder beachtenswert sind jene Werke, die Flavin Personen widmete, mit denen er arbeitete. Als Beispiel zieht die Ausstellung das Werk untitled (to you, Heiner, with admiration and affection) bei, das dem legendären deutschen Kunsthändler Heiner Friedrich gewidmet ist. Bei dem Werk aus der Pinakothek der Moderne in München handelt es sich um eine sogenannte «barrier», einen Typus, den Flavin entwickelte, um einen Teil des Ausstellungsraumes für die Besuchenden abzugrenzen. Die vielgestaltigen Widmungen schaffen eine emotionale Dimension und zeigen Flavins künstlerisches, literarisches und persönliches Bezugssystem auf. Es ist ein zentrales Anliegen der Ausstellung im Kunstmuseum Basel, diese Dimensionen seines Schaffens offenzulegen.

Eine Basler Geschichte

Im Innenhof des Kunstmuseums Basel | Hauptbau befindet sich seit 1975 Flavins ortsspezifisches Werk untitled. In memory of Urs Graf. Es geht zurück auf eine Ausstellung Flavins, die 1975 in der Kunsthalle Basel und dem Kunstmuseum Basel gleichzeitig ausgerichtet wurde. In der Vorbereitung darauf hatte Flavin sich für Urs Graf zu begeistern begonnen. Heute kann man sich den Innenhof nicht mehr ohne das atmosphärisch höchst wirkungsvolle Spiel des rosa, gelben, grünen und blauen Lichts vorstellen. Doch noch in den späten 1970er-Jahren bestand innerhalb der Kunstkommission des Museums Uneinigkeit darüber, ob das Werk an Ort und Stelle verbleiben sollte. Erst die Schenkung der Arbeit durch die Dia Art Foundation gab hier den Ausschlag. Einschalten wollte man die Lampen jedoch lange Zeit trotzdem nicht. Diese Episode kann als Beispiel dafür dienen, dass eine radikale Wandlung der Wahrnehmungsgewohnheiten und Meinungen nicht ohne weiteres herbeizuführen war.

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