Robert Delaunay – Hommage à Blériot
27.04.2008 – 17.08.2008 | Kunstmuseum Basel
Im Zentrum der Ausstellung steht das Bild Hommage à Blériot von 1914. Es ist ein herausragendes Werk im Schaffen von Robert Delaunay (1885-1941) und vereint die «simultaneistische» Farblyrik seiner abstrakten Werke mit gegenständlichen Bildmotiven zu einem farbintensiven retinalen Feuerwerk. In der Sammlung des Kunstmuseums Basel ist dieses «Hauptwerk des Orphismus», wie es der frühere Direktor Franz Meyer nach dem Ankauf 1962 genannt hat, neben den grossen Schwerpunkten des Kubismus und des Expressionismus ein Schlüsselwerk.
Robert Delaunay malt in Hommage à Blériot auf Anregung seiner Frau Sonia Delaunay-Terk «das Starten von Flugzeugen bei untergehender Sonne», wie sie es auf dem Flugfeld von Buc bei Versailles oft zusammen beobachtet hatten. Das Gemälde ist aber nicht nur eine Huldigung an den Flugpionier Louis Blériot, der als erster den Ärmelkanal überquert hatte (in der Ausstellung wird dieser von einer unglaublichen Begeisterung der Massen begleitete historische Moment mit einer Filmsequenz gezeigt), sondern auch an den grand constructeur von Fluggeräten, dem sich der Künstler auf seinem Gebiet als «Erfinder» einer neuen Malerei verbunden fühlt. Es ist eine Bildidee, welche – anders als bei Ikarus, der im Übermut der Sonne zu nahe kommt und scheitert – metaphorisch das geglückte Streben sowohl nach der Erschliessung eines neuen Bewegungsraumes durch die Luftfahrt, als auch nach der Sonne als Quelle des Lichtes in der Malerei visualisiert.
Geleitet von der reinen Wirkung der Farben und von farbtheoretischen Überlegungen, wie er sie bei Michel Eugène Chevreul gelesen hatte, war Delaunay einer der ersten Künstler, der den Schritt in die Abstraktion vollzog. Seine Werke der Jahre 1912 und 1913 – die Fensterbilder, die Disques und die Soleil et Lune-Bilder, die auch in der Ausstellung vertreten sind – übertreffen an abstrakter Konsequenz viele seiner Künstlerfreunde. Als Leitfigur der künstlerischen Avantgarde in Paris handelt Delaunays Oeuvre aber ebenso von der zeittypischen Faszination für die beschleunigte Wahrnehmung der Stadt und der technischen Errungenschaften, die diese Wahrnehmung begleiten. Für diese findet er eine neue künstlerische Sprache, welche Werbung, Sport, Freizeit, Tanz, Eiffelturm, Riesenrad und auch die Luftfahrt zu bildwürdigen Motiven macht. Die Epoche um 1910 ist noch heute eine der faszinierendsten der Moderne. Malerei, Literatur, Musik, Theater und Film sind sich sehr nahe, gehen Verbindungen ein und inspirieren sich gegenseitig.
In der Ausstellung können erstmals fast sämtliche Vorarbeiten, Studien und Werke der Hommage à Blériot-Serie vereint werden. Dazu zählen die zweite Version des Gemäldes, die als Fragment erhalten ist, zwei Ölgemälde von kleinerem Format, ein Aquarell und eine Zeichnung.
Robert Delaunay konzipierte das Hauptbild der Serie im Hinblick auf die Präsentation im XXX. Salon des Indépendants in Paris, der jährlichen «Leistungsschau» der Avantgarde, die von März bis April 1914 stattfand. Im selben monumentalen Format von 2,50 x 2,50 m hat Sonia Delaunay das Werk Prismes électriques gemalt (heute im Musée National d’Art moderne, Centre Pompidou, Paris). Diese zwei Gemälde bilden einen Höhepunkt in der engen produktiven Zusammenarbeit des Künstlerpaares. In der Ausstellung sind sie einander erstmals seit ihrer Entstehung vor 94 Jahren wieder im selben Raum gegenübergestellt, dank dem beide Werke erst vor kurzem restauriert worden sind.
Von einem werkmonographischen Ansatz ausgehend, kann die Ausstellung die für Delaunays Farbmalerei wichtigste Zeit von 1912 bis 1914 mit einigen hervorragenden Leihgaben aufs Schönste vorstellen. Die erst letzten Herbst eröffneten neuen Ausstellungsräume auf der Gartenseite im Erdgeschoss des Kunstmuseums bringen die Lichtfülle und Farbintensität der Bilder besonders gut zur Geltung.