von Anita Haldemann und Nina Zimmer*
Die Picassos sind da!
Eine Retrospektive aus
Basler Sammlungen
17.03.2013 – 21.07.2013
Kunstmuseum Basel
Pablo Picasso war nur einmal für eine Nacht in Basel, im Hotel Trois Rois am 7. September 1932, als er auf dem Weg nach Zürich haltmachte. Er war mit seiner Frau Olga und ihrem Sohn Paulo im schicken Hispano Suiza unterwegs und kam direkt aus Paris. Dem Fotografen Kurt Wyss erzählte Picasso bei ihrem Zusammentreffen 1967, dass er sich damals 1932 eigentlich mit Paul Klee verabredet hatte, der aber nicht erschien. Picasso genoss jedoch den Blick vom Hotel auf die Stadt, im Interview mit der Basler «National-Zeitung» erinnerte er sich: «Ich habe dort die Nacht über auf dem Balkon gestanden. Das Hotel hiess Drei Könige und liegt am Rhein. Der Blick ist sehr schön. Noch nie habe ich einen so schwarzen Fluss gesehen, tintenschwarz. Und man hörte die Strassenbahnen fahren, dann nur noch ein paar Autos, endlich ging irgendwo eine Türe, und dann war die ganze Stadt still.»
Die Stadt Basel und Picasso sind dennoch heute auf vielfältige Weise miteinander verknüpft. Picassos Karriere und das Verständnis, das die Welt heute von seiner künstlerischen Leistung und seiner Position in der Kunstgeschichte hat, sind in beinahe allen Phasen entscheidend von Basler Sammlern, Kunsthistorikern und Händlern mitgeprägt worden. Und umgekehrt standen für viele Baslerinnen und Basler am Anfang ihres Interesses für die moderne Kunst ästhetische Eindrücke, die sie angesichts von Werken Picassos empfingen. Ebenso haben die Erfahrungen, die eine ganze Generation von Baslerinnen und Baslern im Picasso-Jahr 1967 machte, zum heutigen Selbstverständnis Basels als Kulturstadt beigetragen.
Die besonderen Basler Beziehungen zu Picasso reichen jedoch noch weiter zurück. Kunstsammler wie Raoul La Roche, Rudolf Staechelin, Karl Im Obersteg und Maja Sacher-Stehlin legten noch vor dem Zweiten Weltkrieg bedeutende Sammlungen an, in denen Picasso prominent vertreten ist. Viele dieser erstklassigen Werke sind heute in die Sammlung des Kunstmuseums Basels eingegangen oder werden dort dauerhaft gezeigt; das Museum selbst hatte bereits seit den 1920er-Jahren erste Werke für sein Kupferstichkabinett erworben und durch bedeutende Ankäufe von Gemälden seit den 1950er-Jahren den Bestand kontinuierlich erweitert. Nach dem Krieg hat Ernst Beyeler das Werk des spanischen Künstlers den Basler Kunstliebhabern in Galerieausstellungen vermittelt und gleichzeitig seine eigene, imposante Sammlung aufgebaut. Heute befindet sich in Basler Privatbesitz eine in Dichte und Qualität erstaunliche Konzentration von Werken.
Durch die einmalige Zusammenführung all dieser Bestände kommt eine umfassende Ausstellung zustande, die alle wichtigen Werkphasen Picassos auf höchstem Niveau darstellt. Im zweiten Obergeschoss des Kunstmuseums, das erstmals seit der Van-Gogh-Ausstellung wieder vollständig einer einzigen Ausstellung gewidmet ist. 165 Werke ermöglichen einen Einblick in alle seine faszinierenden Schaffensperioden von der Blauen und der Rosa Periode über den Kubismus bis zum surrealistisch geprägten Werk der 1930er-Jahre, sowie dem Schaffen der 1940er- und 1950er-Jahre bis einschliesslich des Spätwerks. Dabei machen Picassos abrupte Stilwechsel und die aussergewöhnliche Vielfalt seiner Bildideen und seine technische Raffinesse den Ausstellungsrundgang abwechslungsreich.
Hinzu kommt, dass Gemälde, Zeichnungen und Druckgraphik sowie Skulpturen von Picasso einander gegenübergestellt werden. Dem Besucher ermöglicht dies, verblüffende Wechselbeziehungen zu beobachten. So sind etwa die parallel entstandenen Varianten von Dora- Maar-Köpfen auf Leinwand und Papier spannend zu vergleichen. Oder die zwei Zeichnungen zu Les Demoiselles d’Avignon erlauben einen Einblick in die Entstehung des epochemachenden Gemäldes am Anfang des Kubismus. Im Spätwerk ist dann eher der Unterschied zwischen dem skizzenhaften Charakter der späten Gemälde und der viel kontrollierter wirkenden Präzision der späten Zeichnungen bemerkenswert.
Die Ausstellung umfasst insgesamt 165 Gemälde, Arbeiten auf Papier und Skulpturen. Sie wird ergänzt durch eine Dokumentation des Picasso-Jahres 1967, die neben Originaldokumenten auch Fotografien von Kurt Wyss beinhaltet. Ein Dokumentarfilm, der in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Fernsehen entstanden ist, kann ebenfalls in der Ausstellung gesehen werden.
*Haldemann und Zimmer haben die Ausstellung gemeinsam vorbereitet.