Vitra Design Museum | bis 06. März 2022
Ob als Gestalterinnen von Möbeln, Mode oder Industrieprodukten, als Innenarchitektinnen oder Unternehmerinnen – Frauen haben entscheidende Beiträge zur Entwicklung des modernen Designs geleistet. In den Geschichtsbüchern des Designs kommen sie jedoch viel seltener vor als Männer. Mit Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute will das Vitra Design Museum dazu beitragen, dies zu ändern.
Die Ausstellung präsentiert Gestalterinnen der letzten 120 Jahre und erzählt vor dem Hintergrund des Kampfs um Gleichberechtigung eine neue, vielstimmige Designgeschichte. Gezeigt werden Werke von rund 80 Designerinnen, darunter Protagonistinnen der Moderne wie Eileen Gray, Charlotte Perriand, Lilly Reich oder Clara Porset, Unternehmerinnen wie Florence Knoll und Armi Ratia, aber auch weniger bekannte Persönlichkeiten wie die Sozialreformerin Jane Addams. Zeitgenössische Positionen werden durch Designerinnen wie Matali Crasset, Patricia Urquiola, Julia Lohmann oder durch die Kollektive Matri-
Archi(tecture) und Futuress vertreten und führen BesucherInnen in die Gegenwart und Zukunft.
Heute ist rund die Hälfte der Designstudierenden weiblich, und Frauen sind in vielen zukunftsweisenden Designbereichen federführend. Anhand einer Vielzahl hochkarätiger Exponate verfolgt Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute das kreative Schaffen und die Arbeitsbedingungen von Frauen im Design von der frühen Moderne bis in die Gegenwart – von den ikonischen Objekten einer Eileen Gray über bislang kaum bekannte Neuentdeckungen bis hin zu heutigen Aktivismus-Netzwerken und feministischer Designforschung. So entsteht eine Standortbestimmung zu einem gesellschaftlich hochaktuellen Thema, die das moderne Design in einem neuen Licht erscheinen lässt.
Der zweite Ausstellungsbereich widmet sich den 1920er- bis 1950er-Jahren. In dieser Ära konnten die ersten Designerinnen in der nach wie vor patriarchalischen Gesellschaft internationale Erfolge verbuchen: neben Charlotte Perriand, Eileen Gray oder Clara Porset auch die Creative Director Jeanne Toussaint des Schmuckhauses Cartier.
Der dritte Abschnitt thematisiert die Jahrzehnte von 1950 bis Ende der 1980er-Jahre, in denen insbesondere ab den 1960er-Jahren eine zweite Welle des Feminismus der konservativen Nachkriegsmentalität entgegentrat. Beispiele wie die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) von 1958 zeigen, dass Frauen auch im Design häufig mit häuslichen Tätigkeiten assoziiert wurden, trotz solcher Einschränkungen aber oft ausserordentliche Werke produzierten.
Mit dem vierten Bereich kommt die Ausstellung in der Gegenwart an. Werke international etablierter Designerinnen wie Matali Crasset, Patricia Urquiola oder Hella Jongerius belegen, dass Frauen im Design heute ebenso selbstverständlich international erfolgreich sind wie Männer. Manche Designerinnen sprengen sogar die etablierten Grenzen ihrer Disziplin und tragen massgeblich dazu bei, das Design neu zu definieren, darunter Julia Lohmann und Christien Meindertsma. Zugleich präsentiert dieser Ausstellungsbereich eine Auswahl aktueller Initiativen, die veranschaulichen, wie der feministische Diskurs in Design und Architektur die Muster von Autorenschaft, Ausbildung und Anerkennung hinterfragt und mit Diversität und Intersektionalität in Zusammenhang stellt.
Die Präsentation Here We Are! Frauen im Design 1900 – heute ist so vielfältig wie die Diskussionen zum Feminismus in unserer heutigen Gesellschaft. Sie bietet damit einen neuen, zeitgemässen Blick auf die Geschichte moderner Gestaltung und aktuelle Debatten und liefert Denkanstösse dafür, was Design im 21. Jahrhundert sein soll, wer es definiert und für wen es da ist.