Von Sam Keller
Kunst wird immer mehr Menschen zugänglich. In den digitalen Medien verbreitet sie sich rasant, und der weltweite Museumsboom geht weiter. Damit steigen auch die Ansprüche des Publikums und die gesellschaftliche Verantwortung der kulturellen Institutionen. Die Kunstmuseen werden mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert: die Sammlungen zu aktivieren, die Ausstellungen attraktiv zu gestalten, die Kunst an ein Publikum mit unterschiedlicher Bildung und unterschiedlichen Bedürfnissen zu vermitteln, Besuchende partizipieren zu lassen, soziale Gruppen mit anderem kulturellem Hintergrund zu integrieren, mit der digitalen Revolution Schritt zu halten, die Kommunikation dem veränderten Medienverhalten anzupassen, den Nebenwirkungen des entfesselten Kunstmarkts entgegenzutreten, die Konservierung von Kunstwerken in neuen Medien zu sichern, wissenschaftliches Arbeiten zu gewährleisten, die Provenienzforschung voranzutreiben, einen adäquaten Umgang mit dem kolonialen, totalitären und patriarchalischen Kulturerbe zu finden, die Gleichberechtigung der Geschlechter zu fördern, den Forderungen nach politischer Korrektheit, Zensur und Selbstzensur entgegenzuwirken, internationale Konkurrenz durch lokale Kooperation zu kompensieren und vieles mehr.
Die Herausforderungen, die an Museen herangetragen werden, nehmen stark zu. Die Bereitschaft der öffentlichen Hand und privater Sponsoren, die dafür notwendigen Ressourcen bereitzustellen, kaum. Mit der stetig wachsenden Beachtung und Beliebtheit von Kunst und Kultur kommen immer wieder neue Aufgaben auf die Museen zu. Das macht unsere Arbeit spannend und dynamisch, aber auch anspruchsvoll und schwierig. Der permanente Druck und Wettbewerb treibt die Museen zu konstanter Verbesserung und hoher Produktivität. Natürlich führen Veränderung und Entwicklung auch zu Problemen und Krisen. Da geht es Organisationen nicht anders als Individuen und Museen nicht anders als der Gesellschaft. Deshalb sind sie auf engagierte Förderung und Unterstützung, konstruktive Kritik und aktive Anteilnahme der Allgemeinheit angewiesen.
Für diese danken wir Ihnen von Herzen. Sie sind der Nährboden, der es ermöglicht, dass Basel eine Kunststadt ist, deren Museen blühen. Diese leisten einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität sowie zur internationalen Ausstrahlung unserer Region.
Dies unterstreichen eindrücklich die attraktiven Ausstellungen, die in dieser Publikation präsentiert werden: etwa die erste Museumsausstellung, die Francis Bacon und Alberto Giacometti vereint, jene beiden Künstler, die das Bild des Menschen und seiner existenziellen Erfahrungen in der modernen Zeit wesentlich geprägt haben. Diese Erfahrungen bilden auch eine entscheidende Grundlage für die Arbeit von Bruce Nauman, einem der einflussreichsten zeitgenössischen Künstler, dessen Retrospektive noch vor New York in Basel zu sehen ist. Erstmals wird in der Schweiz auch die abstrakte Kunst der afroamerikanischen Künstler Sam Gilliam und Theaster Gates der Öffentlichkeit vorgestellt. In eine faszinierende Welt künstlicher Natur entführt das Schweizer Künstlerduo Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger mit seinen neuen Arbeiten, und der brasilianische Künstler Ernesto Neto erschafft im öffentlichen Raum des Hauptbahnhofs Zürich einen monumentalen handgeknüpften Lebensbaum, der die Menschen in eine sinnliche Verbindung zur Natur versetzt. Mehr darüber und über die weiteren sehenswerten Kunstausstellungen in der Region erfahren Sie auf den folgenden Seiten. Unsere Museen haben dafür einen enormen Aufwand geleistet. Wir hoffen, dass Sie die grossartigen Gelegenheiten nutzen und in diesem Sommer viele eindrückliche Kunsterfahrungen sammeln.
Herzlich, Sam Keller
Direktor Fondation Beyeler, Riehen