Wir haben Sie vermisst – und hoffentlich Sie Ihre Museen und Kunsthallen auch.
Seit einigen Wochen sind wir wieder offen und für Sie da. Als eine der ersten Regionen weltweit haben Basel und die Dreilandregion ihre Museen wieder für Besuchende geöffnet. Natürlich mit umfassenden Schutzkonzepten.
Zugang zu Kunst und Kultur bieten wir Ihnen auch online. Doch während gute Bücher, Musik und Filme im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit auch zu Hause Freude machen, sind die meisten Kunstwerke digital nur ein verpixelter Schatten des Originals. Ihre volle Wirkung entfalten sie in sorgfältig konzipierten Ausstellungen und Sammlungspräsentationen in eigens dafür geschaffenen Räumen. Dort hat man die Freiheit, sich im eigenen Rhythmus zu bewegen, kann Begleitung und Abstand selbst bestimmen und auswählen, welche Kunstwerke man wie lange ansehen will.
Der öffentliche Raum des Museums ist ein sozialer Raum mit grossen Freiheiten. Der Museumsraum schützt die geistige Freiheit der Kunst sowie die Meinungsfreiheit der Besuchenden. Wie wertvoll individuelle und kollektive Freiheit sowie gemeinschaftliche Räume sind, wird uns besonders klar in Zeiten, in denen sie eingeschränkt werden. Der Mensch ist ein soziales und kulturelles Wesen. Die spontanen Nachbarschaftskonzerte auf italienischen Balkonen waren ein bemerkenswerter Ausdruck dessen, dass die Kunst und die Gemeinschaft mit anderen Menschen dem Leben Wert geben. Kunst ist nicht nur Genuss-, sondern auch Lebensmittel. Die renommierte «New York Times» veröffentlichte vor einigen Monaten die Erkenntnisse einer gross angelegten wissenschaftlichen Langzeitstudie, die belegt, dass Menschen, die regelmässig in Museen und Konzerte gehen, durchschnittlich 30 Prozent länger leben. Auch wenn Sie wie ich keiner Statistik glauben, die man nicht selbst gefälscht hat, so wissen wir alle aus eigener Erfahrung, dass Kultur unsere Lebensqualität steigert. In unserer Epoche, wo der Homo oeconomicus versucht, alles zu messen und nach Wirtschaftlichkeit zu beurteilen, ist es wichtig wahrzunehmen, dass der Wert von Kultur wie der von Natur keinen Preis hat. Kunst bereichert unser Leben auf andere Art als ihr – in unserer Stadt ebenfalls beträchtlicher – «economic impact». Der wahre Wert der Kunst und der Museen, die sie für uns bewahren und vermitteln, liegt darin, dass sie uns mit Teilen unseres Menschseins verbinden, die wir mit Worten und Zahlen nicht erfassen können. Anders als die unzähligen Bilder der Welt in den Medien zeigen uns Kunstwerke nicht nur, was real ist, sondern auch, was fühlbar und vorstellbar ist. Kunst ist, was uns einzigartig macht. Kultur ist, was uns verbindet. Fantasie und Solidarität sind unerschöpfliche menschliche Ressourcen. Nie haben wir sie mehr gebraucht als heute, wo die natürlichen Ressourcen unseres blauen Planeten zu erschöpfen drohen. Kunsthäuser sind Kraftwerke, in denen Sie Wissen, Erholung, Gesellschaft, Freude und Inspiration finden. Vom grossen deutschen Künstler Gerhard Richter stammt die Weisheit «… Kunst ist die höchste Form der Hoffnung».
Wir freuen uns auf Ihren Besuch und blicken hoffnungsvoll in die Zukunft. Herzlich, Sam Keller