Minutiös konstruierte Skulpturen

Reinhard Mucha
bis 16.10.2016
Kunstmuseum Basel | Gegenwart

Das Werk des gebürtigen Düsseldorfers Reinhard Mucha wurde ab den 1980er-Jahren durch etliche viel beachtete Ausstellungen international bekannt. Unter anderem richtete der Künstler 1990 den deutschen Pavillon auf der 44. Biennale von Venedig ein (zusammen mit Bernd und Hilla Becher) und nahm in den Jahren 1992 und 1997 an der documenta in Kassel teil. Heute gehört er zu den wichtigsten Künstlern seiner Generation.

Dem Basler Publikum ist Mucha bereits seit 1987 durch seine Kunsthallenausstellung Nordausgang vertraut. Fast 30 Jahre nach diesem Ereignis widmet das Kunstmuseum Basel dem Künstler nun eine Ausstellung, in deren Fokus der Frankfurter Block steht, ein raumgreifendes Werkensemble, das grösstenteils bereits 2012 in Muchas Ausstellung Schaffnerlos – Werke ohne Arbeiten 1981–2012 in der Frankfurter Galerie Grässlin gezeigt wurde. 2014 kam dieser Werkkomplex in der Berliner Galerie Sprüth Magers erneut zur Ausstellung. Unter Hinzufügung einiger innenarchitektonischer Details, die für die Präsentation des zwischenzeitlich ausgelagerten Block Beuys im Hessischen Landesmuseum Darmstadt vormals charakteristisch waren, konzipierte Mucha für die Ausstellung seiner Stücke in Berlin einen begehbaren Raum, der in Grösse und Proportion dem Hauptraum der Galerie Grässlin entsprach und kurzerhand in den Hauptraum der Galerie Sprüth Magers hineingestellt wurde.

Muchas minutiös konstruierte Skulpturen – häufig aus Industriematerialien wie Aluminium, Floatglas, Filz, Lackfarbe, Stahl oder Tischlerplatte – erscheinen mal vitrinen- oder schaukastenartig, mal bühnenhaft und barock. Teilweise wird in den Werken auch museales und archivarisches Mobiliar oder Werkzeug verbaut. Eine Handschrift im klassischen Sinne gibt es nicht; bei allen teils auch spielerischen Details wirken die Stücke eher wie aus industrieller Fertigung. Dies könnte auf Muchas frühe Auseinandersetzung mit der Technizität der minimalistischen Skulptur zurückgeführt werden, die den Künstler beeinflusst hat, mit deren regelhaftem Purismus er jedoch bricht. Normativen Anrufungen als «Bürger» oder «Konsument», denen der Künstler – wie alle – als modernes Individuum permanent ausgesetzt ist, begegnet er mitunter mit subversivem Witz. Letztlich verknüpft Mucha kunstgeschichtliche Fragen immer wieder mit solchen der Zeitgeschichte, wie schon die vielschichtigen Titel seiner Stücke nahelegen. Muchas einzigartiges Werk verein­nahmt und reflektiert den Kanon kunstbetrieblicher Instanzen und die von gesellschaftlichen Institutionen formulierten Normen.

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