RE-SET – Eine Zusammenarbeit der Paul Sacher Stiftung mit dem Museum Tinguely
28.02.2018 – 13.05.2018
Die interdisziplinäre Ausstellung im Museum Tinguely widmet sich dem vielfältigen Thema der kreativen Bearbeitung in der Musik des 20. Jahrhunderts und der Gegenwartskunst. Zu sehen sind Musikhandschriften und Kunstwerke, die inhaltlich, strukturell oder konzeptuell schon existierende Werke aufgreifen, umformen, paraphrasieren oder auch demontieren. Der musikalische Teil der Ausstellung, in dem Musikmanuskripte, Briefe, Fotos, Tonaufnahmen, Filme und Instrumente aus den rund 120 Sammlungen der Paul Sacher Stiftung gezeigt werden, gliedert sich in vier Abteilungen: Fremdbearbeitungen, Eigenbearbeitungen, Anknüpfungen an Volksmusik sowie populäre Adaptionen.
Die Vielfalt der Exponate sowie die auf einem Tablet zur Verfügung gestellten Bild- und Tondokumente lassen ein lebendiges Bild der künstlerischen Bearbeitung in der Musik seit 1900 entstehen. Aus der produktiven Spannung zwischen Fremdem und Eigenem, zwischen vorgängigem Werk und seiner kreativen Aneignung, erwächst eine ungebrochene Faszination für das künstlerische Schaffen. Die Motivationen dafür sind äusserst vielfältig. Sie können von Reverenzen an Vorbilder oder deren Demontage, das Weiterschreiben eigener Ideen etwa im Schaffensprinzip des «work in progress» über die Inspirationssuche bei anderen Genres bis hin zu medienbedingten Adaptionen reichen, wie z.B. die Einrichtung von Konzertmusik für einen Filmsoundtrack.
Die gezeigten Schaffensdokumente stammen von so bedeutenden Komponisten wie etwa Igor Strawinsky,
Anton Webern, Edgard Varèse, Pierre Boulez, Luciano Berio, György Ligeti, Sofia Gubaidulina, Wolfgang Rihm, Heinz Holliger und Steve Reich. Musik- und Kunstgeschichte sind per se seit Jahrhunderten ein komplexes System aus Zitaten und Wiederholung von schon vorhandenen Motiven und deren gleichzeitiger kreativer Umformung und Neuinszenierung.
Schon 1936 prophezeite Walter Benjamin, dass ausgeklügelte Reproduktionstechniken, die jedes Werk einfach verfügbar und es dutzendfach kopierbar machten, die Art und Weise unserer Sinneswahrnehmung und damit auch den Kunstbegriff massiv beeinflussen werden. Grundsätzlich war Kunst seit jeher kopierbar, doch nie zuvor waren das Reproduzieren und die Neubearbeitung von Inkunabeln der Kunstgeschichte wie auch von alltäglichen Bild- und Klangwelten, die mit verschiedenen Bedeutungen aufgeladen sein können, so einfach wie heute.
Der kunsthistorische Prolog zur Ausstellung richtet den Fokus auf Marcel Duchamps ikonische Idee des Readymades, die seit den 1960er-Jahren von einer beispiellosen Welle der Rezeption erfasst worden ist. Die Frage wird aufgegriffen, wie Duchamps Konzept als künstlerische Strategie vereinnahmt wird und als Katalysator neuer Werke dient. Neben Arbeiten von Hans Haacke, Sherrie Levine und Jean Tinguely zeigen wir aktuelle Positionen von Saâdane Afif, Pierre Bismuth und Bethan Huws.