Rodney Graham. Lightboxes
08.07.2017 – 26.11.2017
Museum Frieder Burda
Wie kaum ein anderer Gegenwartskünstler hat sich der Kanadier Rodney Graham (*1949) auf die Spuren der Lebenswelten des 19. und 20. Jahrhunderts begeben. Dabei arbeitet er seit den 1970er- Jahren an einem rhizomartigen, konzeptionellen Werk, das immer wieder neue Zeit- und Genresprünge wagt. In seinem Schaffen verknüpft er Film, Fotografie, Installation, Performance, Malerei, Literatur und Musik. Graham appropriiert Stile, Moden und Diskurse von der Romantik bis zur Postmoderne, um sie mit leiser Ironie zu kommentieren, weiterzudenken, umzuschreiben. Seine Inspirationsquellen reichen von Grössen wie Sigmund Freud, Richard Wagner oder Edgar Allan Poe bis zu Pop-Heroen wie Kurt Cobain.
Das Museum Frieder Burda präsentiert in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler eine Ausstellung seiner Fotoleuchtkästen von 2000 bis in die Gegenwart. Dabei stehen die mannigfaltigen Selbstinszenierungen Grahams im Zentrum. Immer wirkt er wie ein melancholischer Zeitreisender, ein moderner Buster Keaton, der sich in verschiedenen Verkleidungen durch die Irrungen und Wirrungen moderner Kultur bewegt und dabei in die Rolle von Produzenten, Zuschauern oder Vermittlern schlüpft.
Im monumentalen Triptychon Antiquarian Sleeping in his Shop von 2017 verkörpert Graham einen Sammler, der in seinem mit Antiquitäten und Kuriositäten dekorierten Laden beim Lesen eingenickt ist. Die Requisiten dazu sammelte Graham in Antik- und Trödelläden Vancouvers. Man kann seine Arbeit als vielschichtige Allegorie für den Rückzug in eklektische Stile und nostalgische, innere Welten sehen. Die Media Studies 77 (2016) erscheinen wie eine Parodie auf die Medienforschung und den akademischen Betrieb. Hier tritt Graham in der Rolle eines dandyhaften Professors auf. Zugleich überführt er diese Szene in eine flächige Komposition mit abstrakten und monochromen Elementen, die auf die Kunst der Nachkriegsmoderne, wie den Abstrakten Expressionismus oder die Videokunst der 1970er, anspielt.
Auch Schlüsselwerke aus der letzten Dekade sind zu sehen – Leuchtkästen, von denen viele Grahams bekannteste Inkarnationen zeigen. Dazu gehören etwa die Rollen des Amateurmalers, des Kameraverkäufers, des Handwerkers, des «Rambling Man» und Cowboys. In allen Leuchtkästen wimmelt es von Zitaten. Stets unterminiert er die Grenzen zwischen Hoch- und Massenkultur und verknüpft alltägliche Zusammenhänge mit Anspielungen auf die Kunst- und Geistesgeschichte. Grahams parodistische Bilder hinterfragen zugleich die Rolle des Künstlers und – wie der hinter einer Zeitung versteckte Newspaper Man – auch die komplexen Mechanismen der Distribution und Reproduktion von Kultur.