Schlagwort-Archive: Malerei

Paula Rego – Machtspiele

Kunstmuseum Basel

28.09.2024 – 02.02.2025

Die portugiesisch-britische Künstlerin Paula Rego (1935–2022) ist zu einer der bedeutendsten figurativen Malerinnen der letzten Jahrzehnte avanciert. Als Aktivistin, Feministin und Schöpferin üppiger, beunruhigender Bilder ist ihr Einfluss in der Kunstszene ihres Heimatlandes Portugal und in ihrer Wahlheimat Grossbritannien spürbar. Als sie 2022 in London verstarb, hinterliess sie ein umfangreiches Œuvre, in dem sich ihr Interesse an der Erforschung von «Machtspielen und Hierarchien» widerspiegelt – ihren erklärten Lieblingsthemen. 

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Marlene Dumas – Im Bann der Malerei

Marlene Dumas
31.05.2015 – 06.09.2015
Fondation Beyeler

Marlene Dumas ist eine leidenschaftliche Malerin. Ihre Kunst fasziniert und irritiert. Dem umfangreichen Werk dieser bemerkenswerten Künstlerin widmet die Fondation Beyeler vom 31. Mai bis 6. September die bisher umfassendste Retrospektive in Europa mit dem Titel «The Image as Burden»

Marlene Dumas, For Whom the Bell Tolls, 2008, The Rachofsky Collection and the Dallas Museum of Art through the DMA/amfAR Benefit Auction Fund, © Marlene Dumas, Foto: Peter Cox, © 2015, ProLitteris, Zürich
Marlene Dumas, For Whom the Bell Tolls, 2008, The Rachofsky Collection and the Dallas Museum of Art through the DMA/amfAR Benefit Auction Fund, © Marlene Dumas, Foto: Peter Cox, © 2015, ProLitteris, Zürich

Von Jana Kouril*

Im Zentrum des Schaffens von Marlene Dumas steht die Beschäftigung mit dem Porträt und der menschlichen Figur. Die Ausstellung The Image as Burden bietet einen Überblick über ihr Schaffen von der Mitte der 1970er-Jahre bis heute. Zusätzlich zu Dumas’ wichtigsten Bildern und Zeichnungen werden experimentelle Collagen aus ihrem Frühwerk sowie mehrere, in neuerer Zeit entstandene Gemälde zu sehen sein.

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Paul Gauguin – Ein Künstler zwischen den Welten

Paul Gauguin
08.02.2015 – 28.06.2015
Fondation Beyeler

Raphael Bouvier, Kurator der Fondation Beyeler
Raphael Bouvier, Kurator der Fondation Beyeler

Von Raphaël Bouvier*
Seine zukunftsweisenden Werke gehören zu den Ikonen der modernen Kunst, die mit ihren «reinen», leuchtenden Farben und flächigen Formen die Kunst revolutionierten und für die modernen Künstler der kommenden Generation massgeblich wurden. Kein Künstler vor Gauguin hatte so konsequent versucht, seine Suche nach Freiheit und Glück in Leben und Kunst zu verwirklichen. Hierin liegt auch der Grund für seine enorme Popularität, die bis heute anhält. Paul Gauguin – Ein Künstler zwischen den Welten weiterlesen

Ein Mann, der in vielen Welten zuhause ist

Peter Doig in der Fondation Beyeler
23.11.2014 – 22.03.2015
Fondation Beyeler

Von David Schmidhauser*
Peter Doig ist ein Mann, der in vielen Welten zuhause ist. Geboren wurde er 1959 im schottischen Edinburgh, bereits zwei Jahre später aber zog die Familie nach Trinidad, um fünf Jahre darauf abermals den Wohnort zu verlegen, dieses Mal nach Kanada. Heute lebt Doig in London, New York und Trinidad und unterrichtet an der Kunstakademie Düsseldorf. Er gehört zu den erfolgreichsten Malern seiner Generation. Seine Bilder sind Gegenwelten zum trüben Alltag, mit leuchtenden, mal durchscheinenden Farben, winzigen Details und grossen Flächen. Sie entführen den Betrachter in fremde bisweilen exotische Welten, die aber keine Paradiese sind, sondern vielmehr geheimnisvolle Zufluchtsorte. Doig kennt die wilde Natur von Trinidad ebenso wie die weiten Flächen Kanadas, gleichzeitig den urbanen Groove von New York und London. Ausgehend von seiner persönlichen Erfahrung, setzt er die ihm vertrauten Bildwelten neu zusammen und kreiert faszinierende Stimmungslandschaften. Ein Mann, der in vielen Welten zuhause ist weiterlesen

Piet Mondrian – Barnett Newman – Dan Flavin

Piet Mondrian – Barnett
Newman – Dan Flavin
08.09.2013 – 19.01.2014
Kunstmuseum Basel

BürginVon Bernhard Mendes Bürgi

Ausgangspunkt ist eine Gruppe von Gemälden, die zwischen 1919 und 1921 entstanden sind, in denen Piet Mondrian (1872–1944) pionierhaft seine vom Kubismus inspirierten Bezüge zur sichtbaren Wirklichkeit verlässt. Diese ikonenhaft verdichteten Tafelbilder der Pariser Jahre beschränken sich ausschliesslich auf die Verwendung horizontaler und vertikaler Linien sowie die drei Primärfarben Rot, Gelb und Blau und die Nicht-Farben Schwarz, Weiss und Grau. Mondrian nannte seine Form der Abstraktion «Neue Gestaltung», mit der er nach einer Anwendbarkeit auf alle Lebensbereiche suchte und das «reine Sehen des Universalen» offenbaren wollte, das über die Malerei hinausreicht. Obwohl Mondrian in der Theorie für seine letztlich symbolistische Farbgebung mathematische Exaktheit in Anspruch nahm, lotete er die asymmetrisch rhythmisierten Beziehungen von Lineatur und Farbfläche während des Malprozesses intuitiv aus, was insbesondere in häufigen Übermalungen zum Ausdruck kommt. Diese malerischen Subtilitäten bewirken, dass die von calvinistischer Kargheit und mystischer Weltsicht geprägten Kompositionen nie schematisch und glatt, sondern strahlend direkt wirken. Den Abschluss von Mondrians Werkgruppe bilden Gemälde, die zwischen 1937 und 1942 in Paris, London und New York entstanden sind. In ihnen dominiert das strukturelle Feld der schwarzen Lineaturen auf weissem Grund, die in New York City I, 1941, auf experimentelle Weise zum Teil durch farbig bemalte Papierstreifen ersetzt werden.
Barnett Newman (1905–1970) wollte 1948 in seinem Manifest The Sublime Is Now seine Position antithetisch zur europäischen Abstraktion herausarbeiten und urteilte programmatisch über Mondrians Kunst, sie versetze einen mittels einer repräsentativen Darstellung der mathematischen Äquivalente der Natur in eine sinnlich makellose Welt. Die amerikanischen Maler hingegen,

Dan Flavin, untitled (to Barnett Newman) four, 1971, Sammlung Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich © 2013, Pro Litteris, Zürich
Dan Flavin, untitled (to Barnett Newman) four, 1971, Sammlung Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich © 2013, Pro Litteris, Zürich
Newman dachte auch an seine Malerkollegen des Abstrakten Expressionismus wie Mark Rothko, würden mit nichts beginnen, was auf physikalische, visuelle oder mathematische Gewissheiten zurückverweist. Newman wollte die Farbe von ihrer kompositionellen Unterordnung und allen sonstigen Prinzipien lösen, sie zum massgeblichen Ausdrucksträger werden lassen und geradezu «erschaffen». Diese befreiende Entfaltung der Farbe auf teilweise riesigen Bildformaten zielte auf die metaphysische Erfahrung des Erhabenen, die Newman mit dem Begriff des «Sublimen» umschrieb. Der Schritt zur formlosen Monochromie wäre naheliegend gewesen, aber Newman setzte schmale, meist vertikale Streifen, die das Gemälde durchlaufen, als akzentuierende Elemente in das Farbkontinuum. Diese «zips», wie er sie nannte, sind mehr rhythmisierende Andeutungen als exakte Lineaturen, welche die Farbfelder unterteilen und sie gleichzeitig verbinden.
Dan Flavin (1933–1996) verzichtete in den frühen 1960er-Jahren auf Malerei und Skulptur. Er nahm eine faktische Haltung ein und schuf, anderen Minimalisten wie Donald Judd oder Carl Andre ähnlich, ein Instrumentarium, das sich primär auf die serielle Anordnung von Objekten mit einfacher Form und karger Stofflichkeit in einem bestimmten räumlichen Kontext beschränkt. Flavins Licht-installationen kombinieren sich aus genormten handelsüblichen Leuchtstoffröhren und ihren dazugehörigen Halterungen, die einen architektonischen Raum je nach Wahrnehmung strukturieren oder ihn durch die physische Präsenz des Lichtschimmers auflösen. In untitled (to Barnett Newman) four, 1971, steht die rektanguläre Anordnung von primärfarbenen Röhren übereck. Die horizontal angeordneten gelben Röhren strahlen frontal, die vertikal angebrachten blauen Röhren seitlich in den Raum und die für den Betrachter nicht sichtbaren roten lösen die Eckzone zu einer Resonanzfläche in Rosa auf. Licht, Linie und Farbe sind zur untrennbaren «Erscheinung» verschmolzen, die frei von Rahmen oder Sockel den realen Raum besetzt. Die repetitiv eingesetzten Elemente sind ganz dem Alltagsleben und der industriellen Produktion verpflichtet und verneinen – trotz Lichtmagie – jene werkübergreifende metaphysische Dimension, die Mondrian und Newman eint.
Barnett Newman, Eve, 1950, Tate, London, Ankauf 1980 © 2013, Pro Litteris, Zürich
Barnett Newman, Eve, 1950, Tate, London, Ankauf 1980 © 2013, Pro Litteris, Zürich
Dieser Ausstieg Flavins aus dem klassischen Tafelbild und seine Hingabe an den Realraum waren eine zeittypische Äusserung der 1960er-Jahre, in denen gar der Tod der Malerei erklärt wurde. Gleichzeitig spielte Flavin in seinen Untertiteln beziehungsweise Widmungen auf die Heroen der abstrakten Malerei an und verwies unter anderem auf die Bedeutung der Primärfarbentrias Rot, Gelb und Blau, wie sie Mondrian verabsolutiert und Newman gefürchtet hatte. Denn der Titel von Newmans vierteiliger, monumentaler Gemäldefolge Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue zielte weniger auf den Betrachter, der von der Macht der Farbe überwältigt wird, als vielmehr auf den Künstler selber, der erst am Ende seiner künstlerischen Laufbahn – von 1966 bis 1970 – die Wirkungskraft dieses Urthemas der puristischen Moderne anzugehen wagte. Aufschlussreich ist, dass Newman nicht nur die Minimalisten mit seiner reduktionistischen Einfachheit beeindruckte, sondern die Minimalisten wiederum das Spätwerk Newmans beeinflussten, was etwa im nicht expressiven Auftrag von ungemischter Acryl- statt Ölfarbe zum Ausdruck kommt, der eine kompakte Oberflächenwirkung erzeugt, sowie in der scharfkantigen Geschlossenheit der «zips». Das Verbindende zwischen diesen herausragenden Künstlern des 20. Jahrhunderts ist wohl die Radikalität, mit der sich Mondrian, Newman und Flavin jeweils auf die elementaren Gestaltungsmittel konzentriert haben und kühn zu künstlerischem Neuland vordrangen. Das Kunstmuseum Basel besitzt von allen drei Künstlern zentrale Arbeiten: Erwähnt seien Piet Mondrians Composition No. I, mit Rot und Schwarz, das Marguerite Arp-Hagenbach 1968 der Öffentlichen Kunstsammlung schenkte, Day Before One, das 1959 als erstes Werk von Barnett Newman in eine Museumssammlung gelangte, oder die permanente ortsspezifische Lichtinstallation untitled (in memory of Urs Graf), die Dan Flavin 1972 für den Innenhof des Kunstmuseums Basel konzipierte (Ausführung 1975). Diese vertrauten Werke bilden das Rückgrat der Ausstellung und werden gezielt um bedeutende Leihgaben aus wichtigen Museums- und Privatsammlungen in Europa und den USA ergänzt.

Light Shining Darkly im Kunsthaus Baselland

Christopher Orr
Light Shining Darkly
20.04.2013 – 30.06.2013
Kunsthaus Baselland

Christopher Orr, The Gloaming, 2007,
Christopher Orr, The Gloaming, 2007,

von Sabine Schaschl*
Der britische Künstler Christopher Orr, der zu den eindrucksvollsten Malern der Gegenwart zählt, zeigt im Kunsthaus Baselland nebst Arbeiten der letzten Jahre auch speziell für die Ausstellung entstandene Werke. In seinen Malereien verbinden sich Landschaftsausschnitte, die an die Old Masters der Kunstgeschichte erinnern, mit Figuren, die dem 20. Jahrhundert zu entspringen scheinen. Abgetrennte zeitliche Momente verschmelzen, Unvereinbares kann zusammen gelesen werden, Altes und Neues verbindet sich und bildet zusammen mit dem Betrachter eine Verbindung mit der Gegenwart.
Christopher Orr malt meist an mehreren Bildern gleichzeitig. Als wichtiger Fundus für seinen Schaffensprozess erweist sich dabei sein Bildarchiv, bestehend aus alten Magazinen (allen voran «National Geographic») aus den 30er- bis 70er-Jahren und Büchern. Werke von Tiepolo, Vermeer, Bosch, Hals, van Eyck, Caravaggio und anderen sind konzeptuelle Vorbilder, auf die der Künstler immer wieder, v.a. in Details, zurückgreift. Zu seinem Archiv zählen auch thematische Bildsammlungen, die beispielsweise Wissenschaftliches, Mystisches oder Sphärisches gruppieren. Viele der Figuren, Objekte, Landschaften und die Tätigkeiten der Figuren entstammen dem Archiv. Der Künstler fügt sie collageartig aus verschiedenen Quellen zusammen, indem er sie zunächst in seinem Skizzenbuch konzipiert und zeichnet. Die daraus hervorgehenden, meist kleinformatigen und mit hoher Handfertigkeit produzierten Ölmalereien verlocken zum detaillierteren Betrachten, wobei nicht nur die Pinselführung, die sowohl auf- als auch abträgt, auffällt, sondern auch die Brüche in der Schilderung von Zeitlichkeit.
Der Titel der Ausstellung – Light Shining Darkly – spielt mit dem Spannungsgefüge, das zwischen den Bedeutungen von hell, dunkel, mystisch, übernatürlich oder unheimlich laviert. Die Landschaftsausschnitte, in denen die einzelnen Protagonisten wirken, sind meist durch besondere Lichtstimmungen charakterisiert. Mal gibt eine Nachtlandschaft mit einfallendem, diffusem Lichtkegel den Blick auf Spaziergänger frei, mal stehen Menschen vor einem Felsabhang oder es spielen sich unerklärliche Szenen im tiefsten Nachtwald ab. Immer wieder ist es der spezifische Einsatz der Lichtinszenierung, welcher den Bildmotiven bereits auf den ersten Blick einen Twist hin zum Unheimlichen gibt. Die Art und Weise, wie der Mensch in der Landschaft verortet ist, gibt Anknüpfungspunkte für die Philosophie des Erhabenen, in welcher sich der Mensch angesichts der Unerreichbarkeit und Grösse der Natur klein und überwältigt fühlt.
Die motivischen Diskrepanzen, die Hell-Dunkel-Dramaturgie der Bilder und das Auseinanderfallen von Zeitlichkeiten lassen Spielraum für eine eigene individuelle Erzählung. Christopher Orr ist sozusagen der Regisseur für unsere Filme im Kopf.

*Sabine Schaschl war bis April 2013 Direktorin des Kunsthaus Baselland und Kuratorin der Ausstellung. Ab Mai übernimmt sie die Direktion des Museums Haus Konstruktiv in Zürich.