Musée Unterlinden, Colmar
bis 04.11.2018
Anlässlich seines 80. Geburtstags widmet das Musée Unterlinden
dem deutschen Künstler Georg Baselitz
eine grosse Ausstellung.
Unter dem Titel Corpus Baselitz präsentiert diese Schau in Colmar erstmals in einem französischen Museum eine bedeutende Werkauswahl von rund 70 Exponaten – Malereien, Zeichnungen, Aquarellen und Skulpturen – aus den Jahren 2014–2018, in denen der Künstler seinen eigenen Körper und seinen Platz in der Kunstgeschichte hinterfragt. Seit seinen ersten «auf den Kopf stehenden» Bildern aus dem Jahr 1969 hat Baselitz in der Tradition der Aktmalerei oder des Selbstporträts immer wieder neue Ausdrucksformen für die Darstellung des eigenen Körpers beziehungsweise des diesem beigestellten Körpers seiner Frau Elke entwickelt.
Im Winter 2014∕2015 setzte sich der Künstler mit einer Folge von ernsten und introspektiven Akten mit der Realität seines hohen Alters und des Altwerdens auseinander und bezog sich in einem regelrechten Abstieg in die Unterwelt auf eigene Arbeiten sowie auf Werke seiner grossen Vorbilder (Duchamp, Dubuffet, Dix, Picasso …). Der verunstaltete, unvollständige und zerteilte Körper wird ungeschönt und kompromisslos in abstrakten Räumen festgehalten. Der Vehemenz des Sujets des Alterns vor dunklen, leeren Hintergründen wirken die Bewegung, die Wiederholung des Motivs, die grosszügig verwendete Farbmaterie, die kraftvolle Geste und eine neue Maltechnik entgegen und verwandeln die Körper in leuchtende, vibrierende Gebilde.
Die von Baselitz an der Schwelle zu seinem 80. Lebensjahr vorgenommene Bearbeitung seines nackten Körpers und die Transformation dieser dunklen Vision in eine bildmächtige, für die Öffentlichkeit bestimmte Darstellung zeugen von der ungebrochenen Lebens- und Schaffenskraft des Künstlers. Thema, Form (mitunter den mittelalterlichen Polyptychen entlehnt), Monumentalität, Farbmaterie und Farbe in den Werken des deutschen Künstlers wirken wie ein zeitgenössisches Echo des zentralen Kunstwerks im Musée Unterlinden, dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald. Als existenzielle Innenschau und regelrechte Entblössung präsentiert sich sein jüngstes Œuvre gleichzeitig als Neubeginn, Wiedergeburt und Rückkehr zu den Anfängen.