Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G

13. Juni – 7. September 2025

Die Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G präsentiert mit Irène Zurkinden: die Liebe, das Leben eine grosse Ausstellung, die das faszinierende Leben und Werk der Basler Künstlerin Irène Zurkinden (1909–1987) ins Zentrum rückt. Vom 13. Juni bis 7. September 2025 lädt die Schau zu einer spannenden Wiederentdeckung einer eindrucksvollen Künstlerin des 20. Jahrhunderts ein – mit bekannten Werken aus öffentlichen und privaten Sammlungen und intimen Skizzen, die erstmals öffentlich zu sehen sind.

Irène Zurkinden, Femmes et chevaux de cirque, Privatsammlung Carabelli, Schweiz
Irène Zurkinden, Femmes et chevaux de cirque, Privatsammlung Carabelli, Schweiz

Seit vier Jahrzehnten wurde Irène Zurkindens Werk nicht mehr in einem institutionellen Rahmen in Basel gezeigt – zuletzt in den 1980er-Jahren im Kunstmuseum Basel und auf Schloss Ebenrain. Ziel dieser Ausstellung ist es, Zurkinden einer neuen Generation von Besucher:innen näherzubringen und ihr beeindruckendes künstlerisches Schaffen in einem anderen Licht zu zeigen. Die Ausstellung um- spannt fünf Jahrzehnte künstlerischer Tätigkeit – von ihren Anfängen in den 1930er-Jahren in Paris bis zu späten Arbeiten aus den 1980er-Jahren. Gezeigt werden Zurkindens mutige Experimentierfreude, ihre fliessende Bildsprache sowie die Tiefe ihres Umgangs mit Themen, die vom Intimen bis zum Politischen reichen. Neben den bekannten Porträts und Stadtansichten offenbart die Ausstellung vor allem auch weniger bekannte Zeichnungen, Gemälde und Skizzenbücher – einige davon werden erstmals öffentlich präsentiert.

Irène Zurkinden, Meret à l'orange, 1932–35, Kunstmuseum Basel
Irène Zurkinden, Meret à l’orange, 1932–35, Kunstmuseum Basel

Ausgebildet als Modezeichnerin in Basel wurde Zurkinden bald zu einer aktiven Stimme in der Schweizer und europäischen Kunstszene. Sie pendelte zwischen Basel und Paris und entwickelte eine visuelle Sprache, die Schweizer Präzision mit der Eleganz des Fin de Siècle in Paris verband. Ihr Werk umfasst Auftragsarbeiten, die die Persönlichkeit ihrer Porträtierten einfangen, ebenso wie intime, persönliche Werke – geprägt von introspektiven Momenten, präzisen Beobachtungen des urbanen Lebens und engen Beziehungen zu Weggefährt*innen, die sie porträtierte.

Irène Zurkinden, Ohne Titel (Zwei Frauen betrachten zwei Frauen), 1936. Schwarze, Estate Irène Zurkinden
Irène Zurkinden, Ohne Titel (Zwei Frauen betrachten zwei Frauen), 1936. Schwarze, Estate Irène Zurkinden

Die Ausstellung ist in zwei Räume gegliedert und beginnt mit einem intimen Einblick in Zurkindens Zeichnungen. Ihr zeichnerisches Werk umfasst unzählige Einzelblätter und über 107 Skizzenbücher – ein zentraler Bestandteil ihrer künstlerischen Praxis. Ihre grosse Zahl zeugt von einer lebenslangen Gewohnheit, ihre Umgebung visuell wie schriftlich zu dokumentieren – oft tagebuchartig. In diesen Seiten begegnen uns Themen wie Identität und Sexualität, eingebettet in alltägliche Beobachtungen. Das Zusammenspiel von Bild und Text erlaubt einen direkten, persönlichen Zugang zu Zurkindens Denken und Arbeiten und schlägt eine konzeptuelle Brücke zu ihren Gemälden. Diese offenbaren ein breites thematisches Spektrum: von surrealistischen Einflüssen über einfühlsame Porträts von Familienmitgliedern bis hin zu atmosphärischen Reiseszenen – alle geprägt von einem scharfen Blick und grosser Sensibilität fürs Detail.

Ein besonderes Highlight der Ausstellung ist ein monumentaler, neu restaurierter Entwurf für den Wandteppich, den Zurkinden für das Basler Zivilstandsamt schuf – etwa 150 x 300 cm gross –, der hier erstmals öffentlich gezeigt wird. Bemerkenswert: Zurkinden soll selbst diesen Entwurf der fi- nalen Ausführung vorgezogen haben.

Ihre Selbstporträts – die sie über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich anfertigte – ziehen sich als roter Faden durch die Ausstellung. Mit direktem, unverstelltem Blick rückte sie ihre eigene Erfahrung ins Zentrum ihres Schaffens. Diese Werke strahlen eine besondere Intensität aus und zeigen eine kraft- volle wie verletzliche Auseinandersetzung mit sich selbst. Besonders eindrucksvoll ist das Porträt aus dem Jahr 1937, das sie schwanger zeigt – ein kraftvolles Statement ihrer Doppelrolle als Künstlerin und Mutter.

Irène Zurkinden, Cirque en plein-air, 1937, Privatsammlung
Irène Zurkinden, Cirque en plein-air, 1937, Privatsammlung

Ihre Werke oszillieren zwischen Verspieltheit und Groteske – wie in Cirque en plein-air (1937) – und der stillen Poesie alltäglicher Gegenstände – wie im reduzierten, doch ausdrucksstarken Stillleben mit Eiern von 1985. Gemeinsam zeichnen die Arbeiten das Porträt einer Künstlerin, die sich weder von Konventionen noch Erwartungen oder Kategorien einschränken liess. Mit aufmerksamem, wachem Blick übersetzte sie ihre Wahrnehmung in Kunst – als Mittel, die Welt und ihren Platz darin zu begreifen.

Irène Zurkinden: die Liebe, das Leben beleuchtet nicht nur den künstlerischen Werdegang der Künst- lerin, sondern auch die bleibende Relevanz ihres Werks. Die begleitende Publikation versammelt Bei- träge zeitgenössischer Künstler*innen wie Tracey Emin, Valérie Favre, Sadaf H. Nava, Ariane Koch, Lenz Geerk, Sanya Kantarovsky und Peter Suter – Dialoge über Generationen hinweg. Wissen- schaftliche Essays von Marie-Eve Celio-Scheurer, Quinn Latimer und Florian Illies sowie der beiden Kurator*innen Rebecca Eigen und Reto Thüring eröffnen neue Perspektiven auf Zurkindens Bedeutung im heutigen Kontext.

Ergänzend zur Ausstellung zeigt ein Film, basierend auf einem Drehbuch von Ariane Koch und inszeniert von Garrick Lauterbach, eine filmische Annäherung an Zurkindens Welt – durch die Augen ihrer geliebten Katze Matou. Obwohl Zurkindens Werk lange im Schatten international bekannter Zeitgenossen stand, rücken aktuelle institutionelle Initiativen – etwa Ankäufe durch das Kunstmuseum Basel und Ausstellungen in Europa und den USA – ihr Schaffen wieder ins Zentrum der Kunstgeschichte.

Diese Ausstellung lädt ein, Irène Zurkinden als wegweisende, visionäre Künstlerin wiederzuent- decken – mit einem Werk, das bis heute berührt, provoziert und inspiriert.

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