Kunstmuseum Basel
28.09.2024 – 02.02.2025
Die portugiesisch-britische Künstlerin Paula Rego (1935–2022) ist zu einer der bedeutendsten figurativen Malerinnen der letzten Jahrzehnte avanciert. Als Aktivistin, Feministin und Schöpferin üppiger, beunruhigender Bilder ist ihr Einfluss in der Kunstszene ihres Heimatlandes Portugal und in ihrer Wahlheimat Grossbritannien spürbar. Als sie 2022 in London verstarb, hinterliess sie ein umfangreiches Œuvre, in dem sich ihr Interesse an der Erforschung von «Machtspielen und Hierarchien» widerspiegelt – ihren erklärten Lieblingsthemen.
Paula Rego, The Family, 1988Die grosse Sonderausstellung Paula Rego. Machtspiele im Kunstmuseum Basel macht dieses zentrale Interesse der Künstlerin an Machtdynamiken zum Leitmotiv. Es ist die erste Museumsschau im deutschsprachigen Raum zu Regos Werk und die erste grosse monografische Ausstellung seit ihrem Tod. Anhand von rund 120 Gemälden und Pastellen sowie mehreren Puppen und Dokumenten lädt die bildgewaltige Präsentation die Besucher:innen in Regos unvergesslichen Kosmos ein und vertieft das Verständnis für diese bedeutende Künstlerin.
Die Ausstellung beleuchtet zentrale Themen, zu denen Rego immer wieder, manchmal nach Jahrzehnten, zurückkehrte. Es finden sich Werke zu familiären Bindungen und Abhängigkeiten, zu den Machtdynamiken zwischen Mann und Frau; staatliche Gewalt und Repressionsmechanismen spielen auch vor dem Hintergrund der Diktatur, die die portugiesische Heimat der Künstlerin bis in die 1970er-Jahre beherrschte, immer wieder eine Rolle. Regos ungewöhnliche Heldinnen sind in der Ausstellung ebenfalls versammelt: Frauen aus der Populärkultur und der Literatur, die ihnen zugeschriebene Rollen sprengen, aber auch Frauen, die illegal abgetrieben haben oder vom Gewicht gesellschaftlicher und persönlicher Herausforderungen niedergedrückt werden.

Rego widmet sich den Extremzonen menschlicher Erfahrung. Die von ihr dargestellten Körper, insbesondere jene von Frauen, werden in ihren Zwängen, aber auch in Momenten der Entgrenzung erlebbar. Die Haltungen und Posen, die sie ihre Protagonistinnen einnehmen lässt, zeugen von den inneren und äusseren Spannungen, denen sie ausgesetzt sind. In den sieben Werken der Possession-Serie von 2004 scheint es ein Albdruck der Depression zu sein, der den Körper in die Passivität niederdrückt. Mit der Abortion-Serie (1998–99) hingegen protestierte die Künstlerin gegen die restriktive Gesetzgebung in Portugal, die Frauen weiter zu oft lebensbedrohlichen illegalen Eingriffen zwang, nachdem ein Referendum zur Lockerung des Abtreibungsverbots gescheitert war. Die Wucht dieser Blätter lässt niemanden kalt, und sie halfen, die öffentliche Meinung bis zur folgenden Abstimmung 2007 zu verändern.
Regos düstere, ins Unheimliche spielende Imaginationskraft macht die besondere Faszination ihrer Werke aus. Sie ist in den Arbeiten der 1960er-Jahre zur dunklen Ära der Salazar-Diktatur in Portugal spürbar, aber auch in War, das 2003 vor dem Hintergrund von Massendemonstrationen gegen die Beteiligung Grossbritanniens am Irakkrieg entstand.

Als Inspirationsquellen dienten der Künstlerin häufig literarische Geschichten, Märchen und auch global präsente Zeichentrickfilme. Auch in diesen Stoffen boten sich ihr Wege, sich Motiven des kollektiven Unbewussten anzunähern – Bildwelten und Vorstellungen, die in der menschlichen Psyche präsent, jedoch für viele im Wachzustand kaum zugänglich sind. Die Macht der Werke Regos und ihr oft unmittelbarer Effekt beruhen unter anderem auf diesem intuitiven Wissen, an das die Betrachtenden anknüpfen können. ◀